SWANS ist eine ehrenamtliche und gemeinnützige Initiative, die hochqualifizierten, jedoch marginalisierten Frauen mit Zuwanderungsgeschichte beim Berufseinstieg hilft. Diesmal interviewen wir die Game- und Filmdesignerin Jennifer aus Berlin. Sie ist Teil der SWANS Initiative. Wir sprechen mit ihr u.a. darüber, wie sie in den Bereich der Animation gelangte, was sie bisher animiert hat und was ihr aktuelles Engagement bei der Initiative Creative Gaming auszeichnet.
Hallo Jennifer, wie bist du darauf gekommen, dich im Bereich der Animation von Games und Filmen zu orientieren?
Da wir Zuhause einen Spiele-Computer hatten und ich ab zehn Jahren sogar meinen eigenen PC hatte, waren mir Videospiele schon immer sehr vertraut. Ich lernte dabei nicht nur wie man von Stein zu Stein hüpft, sondern auch Englisch und bekam Eindrücke aus anderen Welten, Kulturen und Geschichten. Videospiele sind durch die Möglichkeit, dass man selbst Teil einer Geschichte wird, unglaublich immersiv. Mir ging es jedoch nie bloß um Computerspiele, sondern um den besten Weg Geschichten zu erzählen. Schon im Kleinkindalter tauchte ich in die Welt der Geschichten ein und erfand auch selbst welche. Mit der Idee, in den Bereich des Storytelling für Videospiele zu gelangen, habe ich zunächst Germanistik und Soziologie studiert. Als ich vom neuen Studiengang Game Design hörte, wechselte ich mein Studium und landete schließlich in der Animation. Mit diesem Schritt erhoffte ich mir mehr kreative Aspekte im Studium.
Was hast du bisher animiert?
Eines meiner ersten Projekte, noch im Praktikum, war ein Film zu Tabaluga. Mit dem Studio von damals arbeite ich bis heute gerne zusammen und zähle die Gründer inzwischen zu meinen Freunden. Mit ihnen zusammen habe ich von Kurzfilmen über Werbung bis hin zu VR-Projekten alles Mögliche gemacht und das nicht nur im Bereich Animation, sondern so ziemlich alles, was in einem Animationsfilm anfallen kann. Daneben habe ich für diverse Videospiel-Projekte gearbeitet. Manche erschienen, viele leider nicht. Wie es nunmal ist. Dort habe ich vor allem animiert. Mein konstantestes Projekt war Rise of Legions, ein RTS (real-time strategy) Game. In einem Zeitraum von drei Jahren war ich für die Animationen verantwortlich, bis es schließlich voll released war. Aktuell animiere ich eigentlich nur noch Herzensprojekte, wie Animationen für das Gaming-Festival PLAY, welches ich mitorganisiere oder ein Musikvideo für eine befreundete Musikerin.
Wo liegen die Unterschiede in der Animation zwischen Filmen und Games?
Der Unterschied ist tatsächlich gravierend, sodass für mich lange Zeit wichtig war, beides zu machen. Games haben ihren Fokus auf der Interaktion und Immersion. Das bedeutet, es geht darum, durch die Bewegung von Figuren ein Spielgefühl zu erschaffen. Man unterliegt dabei sehr strengen Begrenzungen bei der Art und Dauer der Animationen. Aber innerhalb dieser Restriktionen ist es unglaublich spannend zu arbeiten. Man kann den Spieler*innen durch Bewegung ein schwermütiges oder ein leichtes Gefühl vermitteln. Man kann selbst die Wahrnehmung der Stärke der Einheiten durch die Bewegung beeinflussen. Filme hingegen haben ihren Fokus auf Emotionen. Man erzählt langsamer und stärker. Es geht darum, sich verändernde Gefühle zu erzählen. Das ist wesentlich komplexer. Während Bewegungen in Games sehr klar und vereinfacht erzählt werden müssen, teils klischeehaft (was es auch gefährlich machen kann), sind gute Film-Animationen von Denk- und Entwicklungsprozessen geprägt. Man muss den Zuschauenden glaubhaft machen, dass die Figuren leben, denken und fühlen. Bei Games kann da oft eine Leerstelle bleiben, die mit der Aktion der Spieler*innen gefüllt wird.
Gab oder gibt es für dich afrodeutsche Vorbilder in dem Bereich?
Leider nicht. Um ehrlich zu sein ist die gesamte Branche schon überwiegend weiß und männlich. Aber dadurch habe ich meine eigene Rolle als Vorbild sehr ernst genommen. Ich weiß nicht, ob ich mich ohne diesen Antrieb getraut hätte, zwei Jahre lang an der Mediadesign Hochschule (MD.H) Berlin im Studiengang Game Design zu unterrichten. Mir fällt so etwas unglaublich schwer, aber ich finde es einfach wichtig, in den sauren Apfel zu beißen. Mich auf eine Bühne zu stellen und sichtbar zu sein ist wichtig, um andere zu ermuntern, aber auch um wieder anderen zu zeigen, dass Kompetenz viele Gesichter haben kann. Auch ein Interview wie dieses zu geben, welches eigentlich auch außerhalb meiner Komfortzone liegt, ist wichtig.
Du bist aktuell bei der Initiative Creative Gaming engagiert, was hat es damit auf sich?
Durch die Initiative Creative Gaming begleite ich aktuell beruflich Jugendliche dabei, Geschichten in und durch Games zu erzählen, wie z.B. in Form von Filmen, deren Drehbuch wir zusammen schreiben und in Minecraft Sets bauen und drehen. So entstehen vollkommen eigenständige Filmdateien. In einem Projekt, dass seit fast einem Jahr läuft, bauen wir einmal im Monat ein Wochenende lang mit Jugendlichen an einer Zukunftsstadt in Minecraft und setzen uns mit den unterschiedlichsten Zukunftsthemen auseinander. Die Jugendlichen entwickeln dabei ihre Vision, wie sie gerne leben wollen und setzen das exemplarisch in Minecraft um. Ein anderes Herzensprojekt setze ich gerade mit der Europäischen Akademie Berlin (EAB) um. Wir entwickeln zusammen mit jungen Frauen (15-21) – mit und ohne Fluchtgeschichte – Spiele zur gesellschaftlichen Teilhabe. Durch diese Arbeiten ist mir sehr bewusst geworden, dass ich nicht nur andere dabei unterstützen und schulen möchte Geschichten zu schreiben, sondern auch selbst wieder aktiv schreiben muss. Aktuell arbeite ich viel an Drehbüchern. Dieses Jahr habe ich bereits ein Drehbuch für einen Langfilm und zwei Serienkonzepte geschrieben. Inzwischen arbeite ich noch an einem zusätzlichen Serienkonzept sowie Pilotfolgen und an einem zweiten Langfilm mit einer Regisseurin als Co-Autorin zusammen.