Somaliland ist eine autonome Region im Nordwesten Somalias, welche am 18. Mai 1991 ihre Unabhängigkeit einseitig ausrief. Es ist die Heimat von rund vier Millionen Menschen, wovon ca. die Hälfte nomadisch lebt. Der Staat verfügt zwar über eine eigene Währung, Regierung und kontrolliert seine Grenzen eigenständig, dennoch wird Somaliland international nur von Taiwan anerkannt. Das junge Land machte in den letzten 30 Jahren erhebliche Fortschritte und wirft mit seiner Erfolgsgeschichte kritische Fragen im Hinblick auf die westliche Entwicklungshilfe auf.
Gründe für die Nicht-Anerkennung und ihre Auswirkungen
Mit der Anerkennung Somalilands als unabhängiger Staat droht eine weitere Destabilisierung der bereits politisch angeschlagenen Republik Somalias. Aus diesem Grund spricht sich der Westen, seit Anbeginn der Abspaltung, gegen die Unabhängigkeit Somalilands aus. Andere afrikanische Staatsoberhäupter fürchten sich vor Unabhängigkeitsbewegungen in ihren Ländern, weshalb die Afrikanische Union die Unabhängigkeit Somalilands ebenso nicht anerkennt. Des Weiteren herrscht der Konsens, dass die kolonialen Grenzen nicht verändert werden dürfen, denn Grenzrevisionen führen zu neuen Konflikten. Die Grenzen Somalilands, so wie wir sie heute kennen, wurden mit der Besetzung der britischen Kolonialmacht festgelegt. Die Existenz als nicht anerkannter Staat birgt viele Nachteile, besonders im Wirtschaftssektor. Ausländische Unternehmen und Investoren fürchten sich vor Investitionen in einem nicht anerkannten Land. Somit hat Somaliland so gut wie keinen Zugang zu internationalen Investitionen, Handelspartnern und Hilfsgeldern. Auch bei der Einstufung der Sicherheitseinschätzung findet keine Differenzierung zu der Republik Somalias statt, dabei gilt Somaliland als friedlich und politisch stabil. Die Isolation vom Rest der Welt bringt jedoch tatsächlich auch Vorteile mit sich. Somaliland hat so gut wie keine Auslandsschulden und muss sich folglich keine Wirtschaftspolitik von der Weltbank vorschreiben lassen. Da keine Unmengen an Geldbeträgen aus dem Ausland in das Land fließen, gibt es für Politiker keinen Anreiz an politischer Macht festzuhalten. Das zur Verfügung stehende Jahresbudget liegt bei ca. 400 Millionen US-Dollar im Jahr. Die Machtübergaben verliefen aus diesem Grund bisher friedlich. Der herrschende Frieden und die politische Stabilität sind aus der Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und der Regierung entstanden und werden von beiden Parteien als oberste Priorität angesehen. Das zeigte sich besonders während der Wahlen im Sommer letzten Jahres. Die Parlamentswahl sowie auch die Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt Hargeisa, liefen weitestgehend geordnet und friedlich ab. Seit Juni 2021 bekleidet Abdikarim Ahmed Mooge das Amt des Bürgermeisters in Hargeisa. Er gewann die Wahl mit einer deutlichen Mehrheit, da ihn besonders die jungen Menschen wählten. Mooge ist der Sohn des bekannten Musikers und Autors Ahmed Mooge Liibaan. Im Fokus seines Wahlkampfes standen Themen, wie der bessere Zugang zu Bildung, der Ausbau der Infrastruktur und eine bessere Wasserversorgung.
Frieden als oberste Priorität
Sowohl die Bevölkerung als auch die Regierung legen, trotz der vielen Herausforderungen, einen besonderen Fokus auf ein friedliches Miteinander. Grund für diese hohe Motivation ist eine lange und grausame Kriegsperiode. Die Erinnerungen an den Krieg 1988, der von Somalias Diktator Siad Barre angeführt wurde und zu einer vollständigen Zerstörung der Hauptstadt Hargeisa führte, ist immer noch sehr präsent. Das Konzept von einem großen, vereinten Somalia mit einer Zentralregierung existierte, nach Abzug der europäischen Kolonialmächte, in der Praxis nur kurz. Der Versuch alle Somalis in einem Staat zu vereinigen scheiterte nicht nur kläglich, sondern zog auch einen jahrelangen Bürgerkrieg nach sich. Daher ist die Vorstellung von einer Wiedervereinigung aller Regionen ein idealistisches Ziel, welches für die Mehrheit der Bevölkerung Somalilands als unrealistisch empfunden wird.