Die Vorstellung von einem Leben in einem afrikanischen Land ist der afrikanischen Diaspora nicht fremd. Im Gegenteil, viele möchten zurückkehren und ihre Expertise nutzen, um einen bedeutenden Beitrag vor Ort zu leisten. Auch ohne konkrete Auswanderungspläne, ist für viele die Rückkehr nach Afrika das ultimative Endziel. Dabei spielt der lang ersehnte Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit eine treibende Rolle. Im englischsprachigen Raum wird von „Return to the Motherland“ gesprochen. Zu deutsch: Die Rückkehr ins Mutterland. Doch woher stammt diese idealistische Vorstellung von einem Leben in Afrika?
In westlichen Ländern und Gesellschaften dominiert nach wie vor ein negatives Afrikabild. Die mediale Berichterstattung über afrikanische Länder beschränkt sich weitestgehend auf Armut, Leid und Migration. Zwischen den Werbungen für die neuesten Produkte, erscheinen hin und wieder Spendenaufrufe für den Kontinent. Dass Hunger und Leid in der Welt existieren, steht nicht zur Debatte. Doch wenn mit afrikanischen Ländern grundsätzlich nur Elend und Krankheiten assoziiert werden, ist ein negatives Bild gegenüber Afrika und afrikanischen Menschen nicht überraschend. Auch junge Schwarze Menschen, die in der Diaspora leben und aufwachsen, übernehmen diese Narrative. Wer dieses eurozentrische Weltbild jedoch hinterfragt und sich auf eine gezielte Recherchereise begibt, stößt auf beeindruckende Ergebnisse. Sie erstrecken sich von der Vergangenheit bis hin in die Gegenwart. Schließlich ist der afrikanische Kontinent reich an Geschichte und Kultur, die keine europäischen Narrativen inkludieren. Das neu gewonnene Wissen möchten wir mit unseren Mitmenschen teilen, damit auch diese von unseren empowernden Befunden profitieren können. Im nächsten Schritt gründen wir sogar Vereine und Plattformen, auf denen wir ein differenzierteres Bild von Afrika vermitteln möchten. Dabei laufen wir jedoch Gefahr keine nuancierten Gespräche zu führen. Wir fokussieren uns auf all die positiven Aspekte, die sonst zu kurz kommen. In der Realität allerdings stehen afrikanische Länder, genau wie alle Länder dieser Welt, vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Eine weitere Rolle bei der Idealisierung Afrikas spielen Rückkehrende aus der Diaspora, die sich für ein Leben in einem afrikanischen Land entscheiden. Sie möchten uns die Seiten des Landes zeigen, die maßgeblich zu der Entscheidung beigetragen haben. So bekommen wir einen vermeintlich realistischen Einblick in das Leben in einem afrikanischen Land. Die negativen Aspekten werden dabei weniger thematisiert, da wir uns von einem negativen Afrikabild lösen möchten. Für viele von uns ist eine Rückkehr aber auch mit einem sozialen Aufstieg verbunden, welcher neue Herausforderungen mit sich bringt. Die Auseinandersetzung mit Themen, wie die Perspektivlosigkeit der jungen Menschen vor Ort, die Kluft zwischen arm und reich sowie die fehlende Reisefreiheit für Bürger und Bürgerinnen afrikanischer Länder, ist unvermeidbar. Die neu zugeschriebene Rolle bringt somit eine gesellschaftliche Verantwortung mit sich.
Nichtsdestotrotz braucht die Diaspora derzeit ein positives Afrikabild, um ihre verinnerlichten Vorurteile gegenüber den afrikanischen Kontinent abzubauen und an Selbstermächtigung zu gelangen. Die idealisierte Vorstellung von einer Rückkehr in die Heimat ist hilfreich, um sich von einer eurozentrische Sicht auf die Welt zu lösen. Die Aussicht eines Tages an einem Ort zu leben, wo man Teil der Mehrheitsgesellschaft ist, kann eine Bewältigungsstrategie sein. Sie hilft dabei, mit rassistischen Erfahrungen umzugehen und diese zu verarbeiten. Im Übrigen muss es sich bei der Auswanderung nicht um die Rückkehr in das Heimatland unserer Eltern handeln. Afrika ist ein riesiger Kontinent, der eine Menge zu bieten hat.